Die 5 wichtigsten Punkte im Überblick:
Unterscheide zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten: Ordnungswidrigkeiten (z. B. Wildpinkeln) erfordern kein zwingendes Eingreifen, bei Straftaten bist du hingegen verpflichtet, zu handeln.
Ermessensspielraum bei Ordnungswidrigkeiten: Das Opportunitätsprinzip gibt dir die Freiheit zu entscheiden, ob ein Eingreifen notwendig ist.
Pflicht bei Straftaten: Nach § 163 StPO musst du Straftaten nachgehen, unabhängig davon, ob du privat oder im Dienst bist.
Antragsdelikte beachten: Straftaten wie Beleidigung werden nur verfolgt, wenn ein Strafantrag vorliegt.
Verhältnismäßigkeit wahren: Je nach Schwere des Vorfalls kannst du abwägen, ob dein Einschreiten notwendig ist.
Ordnung muss sein – oder etwa nicht?
Bevor wir uns den rechtlichen Grundlagen widmen, unterscheiden wir zwischen zwei Kategorien: Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Das Wildpinkeln gehört zu den Ordnungswidrigkeiten – also kleinen Verfehlungen, ähnlich wie falsches Parken oder zu schnelles Fahren. Laut dem sogenannten Opportunitätsprinzip hat hier jeder Polizist einen Ermessensspielraum. Man kann einschreiten, muss es aber nicht. Es liegt an dir zu entscheiden, ob die Situation deiner Meinung nach wirklich ein Eingreifen erfordert.
Anders sieht es bei Straftaten aus. Hier wird es ernst, denn das Gesetz verpflichtet Polizisten, tätig zu werden. Der § 163 der Strafprozessordnung (StPO) schreibt vor, dass Beamte Straftaten nachgehen und notwendige Maßnahmen treffen müssen. Dies gilt sowohl im Dienst als auch privat.
Was bedeutet das konkret?
Im Fall der Polizeimeisteranwärterin liegt eine Beleidigung (§ 185 StGB) vor – rechtlich gesehen eine Straftat. Doch es handelt sich um ein sogenanntes Antragsdelikt. Das heißt: Ohne einen Strafantrag des Geschädigten wird die Tat nicht verfolgt. Würde ihr Freund am nächsten Morgen entscheiden, auf eine Anzeige zu verzichten, wäre der Fall erledigt.
Das zeigt, dass auch bei Straftaten ein gewisser Spielraum besteht, insbesondere bei weniger schweren Fällen. Allerdings ist Vorsicht geboten: In Fällen schwerer Straftaten, wie Raub oder Körperverletzung, gibt es keinen Ermessensspielraum. Hier besteht eine klare Pflicht, zu handeln, andernfalls droht dir als Polizist selbst eine Strafverfolgung wegen Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB).
Immer abwägen und Verhältnismäßigkeit wahren
In solchen Situationen ist die Verhältnismäßigkeit das A und O. Während bei schweren Verbrechen ein Einschreiten unumgänglich ist, kannst du bei Bagatellfällen abwägen, ob dein Eingreifen notwendig oder überhaupt zielführend ist. Letztendlich hängt vieles vom Einzelfall ab.
Für junge Polizisten bedeutet das: Es ist wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu kennen, aber auch zu lernen, wie man in heiklen Situationen gewissenhaft und souverän entscheidet. Niemand erwartet, dass du bei jeder Kleinigkeit als Gesetzeshüter auftrittst – aber du solltest wissen, wann es angebracht ist.